Bürgermeister Dr. Kurt Fischer zur Volksbefragung
Liebe Lustenauerinnen und Lustenauer,
Die Lustenauer Gemeindevertretung hat heuer im August mehrheitlich beschlossen, eine Volksbefragung zur S18-Ostumfahrung Lustenau (Variante CP) durchzuführen. Im Gegensatz zu unserer Schweizer Nachbarschaft werden in Österreich Instrumente der direkten Demokratie eher selten genutzt. Bei uns in Lustenau waren es zwei Abstimmungen in den letzten dreißig Jahren, zur Kirchplatzgestaltung und zur Weiterführung des Entbindungsheims. Bei den beiden Abstimmungen kam die Initiative direkt aus der Bevölkerung mit gesammelten Unterschriften, diesmal ging die Initiative von der Gemeindepolitik selbst aus.
Eines steht außer Frage: Das Untere Rheintal und besonders unser Lustenau als die hauptsächlich betroffene Gemeinde muss vom Verkehr, insbesondere vom grenzüberschreitenden Schwerverkehr, entlastet werden. Dafür braucht es auch eine leistungsfähige Straßenverbindung zwischen den beiden Autobahnen auf österreichischer und Schweizer Seite.
Warum sich die Gemeindepolitik entschieden hat, in einem so wichtigen Thema die Bevölkerung direkt zu befragen, möchte ich euch gerne aus meiner Sicht erläutern:
Im Planungsprozess MiR (Mobil im Rheintal) konnte ich mich seit über 15 Jahren aktiv einbringen. In intensiven Planungen wurde hier aus vielen verschiedenen Straßenvarianten schließlich die sogenannte Z-Variante, eine direkte Verbindung von Dornbirn Nord nach St. Margrethen, erstgereiht. Für viele überraschend hat sich die ASFINAG dann im November 2020 nicht für die Weiterverfolgung dieser erstgereihten Z-Straßenvariante entschieden, sondern für die zweitgereihte CP, die Ostumfahrung Lustenaus.
Mit dieser Trassenentscheidung hat der Planungsprozess eine kritische Wendung genommen. Kritisch deshalb, weil sich an dieser Variante vor allem in Lustenau die Geister scheiden: Die Entlastungswirkung ist ähnlich hoch wie bei der Z-Variante, aber der Siedlungsraum Lustenaus ist deutlich stärker von der östlichen Trassenführung der CP-Variante betroffen, wenngleich im überarbeiteten, aktuellen Planungsstand der ASFINAG große Streckenabschnitte untertunnelt sind.
Wenn ihr jetzt, geschätzte Lustenauerinnen und Lustenauer, in dieser wichtigen Angelegenheit befragt werdet, dann auch deshalb, weil das Ergebnis der Volksbefragung unserer Gemeindepolitik als Orientierung dienen soll, wie sich die Marktgemeinde Lustenau im weiteren Planungsprozess – und vor allem auch in allfälligen Genehmigungsverfahren positionieren soll.
Unabhängig von der Frage, ob und wo es langfristig gelingen wird, eine höherrangige Straßenverbindung zwischen den beiden Autobahnen (A-CH) zu realisieren, setzt sich die Lustenauer Gemeindepolitik geschlossen für kurz- und mittelfristige Entlastungsmaßnahmen ein, die gemeinsam mit den Verantwortlichen des Landes Vorarlberg erarbeitet werden. Wir kämpfen weiter für ausgedehnte Nachtfahrverbote, sichere Straßenübergänge, eine noch stärkere Auffächerung des Schwerverkehrs und Temporeduktion für mehr Sicherheit, Emissions- und Lärmschutz.
Vor fast 70 Jahren wurde gegen den klaren Willen der Lustenauer und Auer Gemeindepolitik eine neue, leistungsfähige Brücke über den Rhein errichtet. Die Befürchtungen von damals, dass eines Tages der internationale Transit durch das Lustenauer Wohngebiet rollen werde, sind seit Jahrzehnten traurige Realität. Der Verkehr, insbesondere der Schwerverkehr, hat in einem damals unvorstellbaren Ausmaß zugenommen. Heute rollen tausende PKW und LKW täglich über die Grenzbrücke zwischen Au und Lustenau. Für den Neubau dieser extrem belasteten, baufälligen Brücke läuft aktuell ein Planungsprozess. Hier kämpft die Lustenauer Gemeindepolitik vereint, dass die Verkehrslast über die neue Brücke deutlich vermindert wird.
Wir setzen uns mit aller Kraft weiter für ein chancenreiches und lebenswertes Lustenau ein. Nun stehen wir vor einer wichtigen verkehrspolitischen Entscheidung und möchten unsere Bevölkerung aktiv einbeziehen. Deshalb bitte ich euch, an der Volksbefragung am 19. November teilzunehmen und freue mich, wenn ihr diese Möglichkeit der Mitbestimmung nützt.
Euer Bürgermeister
Kurt Fischer