News Beim Wohnen helfen 15. März 2017

FamilieAlmahmud

Renate und Hubert Vetter sind nach dem Auszug ihrer erwachsenen Kinder einen außergewöhnlichen Weg in Sachen gelebte Integration gegangen. Seit 10 Monaten lebt eine syrische Familie mit zwei kleinen Kinder im oberen Stock ihres Hauses und bereichert das Zusammenleben jeden Tag.

Am Anfang standen Ängste und ein Familienrat. Sollen wir das überhaupt machen und was ist, wenn wir mit der Familie nicht klar kommen? Das waren die Fragen, die vor fast einem Jahr Familie Vetter beschäftigten. Bei einem so wichtigen Schritt wie dem, das Haus Fremden zu öffnen, wollten alle mitreden, Einwände gab es allerdings kaum. Helfen und Dasein für andere Menschen, die in Not geraten sind, wurde in der Familie des Landesfeuerwehrinspektors immer schon groß geschrieben. Der Einzug von Familie Almahmud aus Damaskus war für alle Mitglieder der Familie „ein Schritt in die richtige Richtung", nachdem man Schreckliches über den Krieg im Heimatland der Flüchtlinge gelesen hatte. „Wenn man alles hat, kann man sich nicht vorstellen, nichts mehr zu haben, aber man kann helfen", erklärt Frau Vetter die Motivation der Familie, die ungewöhnliche Wohngemeinschaft zu testen. Der Vertrag mit der Caritas wurde von der Flüchtlingskoordination der Gemeinde vorbereitet und für ein Jahr unterschrieben. Schon jetzt kann sich aber Familie Vetter nichts mehr Anderes vorstellen.

Hallo wie geht es?

Empfangen wird man bei einem Besuch in der Sägerstraße von der kleinen Elaah. Sie ist 3 Jahre alt, mag Märchenbücher, ihre Spielgruppe und ihre Lustenauer Oma „Ata". Renates richtiger Name war vor ein paar Monaten noch zu schwer auszusprechen, heute könnte es die kleine „wilde Nudel", aber die ganze Familie ist beim „Ata" geblieben. Elaah will, dass man ihr Katzenbabys zeichnet, sitzt auf Renates Schoß und ist nicht viel anders wie andere Dreijährige, wäre da nicht ihre Lebensgeschichte. Ihre Familie musste flüchten, ihre Straße wurde bombardiert, ihre Wohnung ist Schutt und Asche, die Eltern vermissen Heimat, Familie, Freunde und ihre guten Jobs. Die Frage, was die Kinder des Friseurs und der Kindergärtnerin vom Krieg mitbekommen haben, beschäftigt alle. „Man weiß es nicht genau, man kann nur hoffen, nicht viel", meint Renate. Elaahs Vater Adnan versucht in gebrochenem Deutsch zu erklären, wie es damals war in einer Stadt voller Soldaten und voller Angst.

Kuchen, Saft und Grammatik

Mit Renate Vetter „Oma" Renate und die kleine Elaah bei ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem gemeinsamen Lesen.

„Hier ist es gut", meint Adnan, der im winzigen Schlauchboot von der Türkei nach Griechenland gekommen ist. „Meine Kinder sicher, das Wichtigste" antwortet der Familienvater auf die Frage, was ihm denn an Lustenau am besten gefalle. Es hapert noch mit den Vokabeln und dem Satzbau, aber Adnan lernt genau so fleißig wie Shereen, die gerade syrischen Kuchen auftischt. Den Kindern fällt die deutsche Sprache deutlich leichter, erklärt sie und schämt sich, dass sie noch nicht besser Deutsch kann. Doch Renate baut Shereen auf, am Anfang hat man noch mit Händen und Füßen geredet, erzählt sie, die der Familie auch bei Behördengängen und im Alltag viel geholfen hat. Von Tag zu Tag findet sich die Familie besser zu Recht, „heute geht es schon sehr gut". Der achtjährige Mahmud ist im Zimmer mit seinen Spielsachen beschäftigt, die Hausaufgabe hat er schon erledigt und als er kurz in der Küche vorbei schaut, erzählt er freudestrahlend von seinen vielen Freunden in der Volksschule Kirchdorf und natürlich von seinen Lehrerinnen. Da gäbe es ganz nette, ein paar „ein bisschen nette" und die Schule sei überhaupt „super". Ein ganz normaler Achtjähriger, denkt man und sieht es auch, als er versucht, beim Fotomachen den Kasperl zu machen. Von seiner Zeit in Syrien spricht er nicht viel, er sei verschlossener und auch die Eltern kämpfen gegen die Tränen, als man sie nach der alten Heimat frägt.

Angekommen und eingelebt

Freunde und Familie seien jetzt das Wichtigste in ihrem Leben, lenkt Adnan vom Thema Heimweh ab, „Renate ist Familie und Hubert auch", meint er sichtlich gerührt und dankbar. Dankbar für die Sicherheit und Geborgenheit, die seine Kinder genießen können und dankbar für die zweite Chance im Leben. Auch Familie Vetter genießt den Zuwachs im oberen Stock. Im Sommer grillt man gemeinsam, Adnan hilft im Garten und im Haus, Shereen kocht gerne syrisch für alle Hausbewohner, aber es gibt auch viele Tage, an denen man sich gar nicht sieht. "Herzlich aber auch nicht zu eng" umschreibt Renate die Situation der Wohngemeinschaft, die sie sich nie so schön vorgestellt hätte. Wenn die eigenen Kinder aus dem Haus sind, liebe man es einfach, wenn wieder ein kleines Mädchen auf der Suche nach den Katzen oder wegen eines Märchens an der Türe klopfe. „Das tut uns allen gut" bringt Renate Vetter das gelungene Wohnprojekt auf den Punkt, "ich mag mir gar nicht vorstellen, dass sie nicht mehr da sind."

Private leerstehende Wohnungen gesucht

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Flüchtlingskoordination +43 5577 8181-330
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