News Filme, Collagen und künstliche Intelligenz: Claudia Larcher erhält Österreichischen Kunstpreis 11. Oktober 2023
Mit dem Österreichischen Kunstpreis werden vom Bundesministerium für Kunst und Kultur alljährlich etablierte Künstler:innen, die auf ein facettenreiches, international anerkanntes Gesamtwerk verweisen können, ausgezeichnet. Die Auswahl der Preisträger:innen erfolgt durch unabhängige Expert:innenjurys. 2023 geht der mit 15.000 Euro dotierte Preis in der Sparte Künstlerische Fotografie an die in Wien lebende Lustenauer Künstlerin Claudia Larcher.
Ausgezeichnet wird sie für ihre Körper und Raum abtastenden filmischen Arbeiten und haptischen Collagen, die neue Perspektiven auf Lebewesen und Architektur eröffnen, für ihre Körpercollagen, in denen „Vorstellungen von Schönheit ad absurdum geführt“ werden, ebenso wie für die neueren Arbeiten, die sich im Dialog von analog und digital mit Kommunikation, sozialen Medien und künstlicher Intelligenz beschäftigen.
Claudia, du hast an der Uni ja auch Bildhauerei studiert. Jetzt arbeitest du fast ausschließlich mit digitalen Medien. Wie war dein künstlerischer Weg?
Fotografie und Film waren in meiner Kindheit schon immer präsent, die Fotografie war eigentlich das erste Medium, mit dem ich Kontakt hatte. Das Installative und die Arbeit mit Objekten kamen später und ich habe immer nach einer Form gesucht, all diese Dinge zusammenzubringen. Oft sind es einfach auch Zufälle, die zu einer anderen Arbeitsweise führen.
Das Thema Künstliche Intelligenz ist derzeit in aller Munde. Du beschäftigst dich sehr intensiv damit und schon länger damit…
Was momentan viele Kunstschaffende beschäftigt, war in meiner Studienzeit noch eine Randerscheinung. Mich hat das Thema aber immer schon interessiert und es gibt dazu schon eine Arbeit von 2005, einen Automaten, mit dem man spielen konnte und der sich dann verselbständigt hat. Neben meiner künstlerischen Arbeit habe ich die letzten zwei Jahre an der Angewandten in einer TransArts-Klasse unterrichtet und einen Schwerpunkt auf KI gesetzt. Aktuell arbeite ich zudem, gefördert von der FFG, der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft, an einem Grundlagenforschungsprojekt, das die Entwicklung der Kreativ- und Kunstbranche in Bezug auf künstliche Intelligenz untersucht. Das klingt trocken, ist aber unglaublich spannend, weil die KI nicht, wie zunächst angenommen, vor allem die Automatisierung im Industriebereich betrifft, sondern gerade den Design- und Kreativbereich massiv verändert.
Mit früheren Preisträger:innen des Österreichischen Kunstpreises für Künstlerische Fotografie wie Lisl Sharp-Ponger, Gerald Domenig, Inge Dick oder Tatiana Lecomte befindest du dich in prominenter Gesellschaft. Was bedeutet so eine Auszeichnung?
Ich freue mich, den Preis in vergleichsweise jungen Jahren zu bekommen. Und natürlich ist es eine Bestätigung für das, was man macht. Andererseits stimmt das Klischee von der prekären Situation vieler Kunstschaffender leider auch und gerade in Bezug auf Künstlerinnen ist das Ungleichgewicht, wenn man Preise und Preisstatistiken vergleicht, immer noch groß. Überspitzt gesagt, müsste ich ein Mann sein, am besten schon im fortgeschrittenen Alter, und malen, um auf dem Kunstmarkt Geld zu verdienen. Aber digitale Medien sind halt das, was uns tagtäglich umgibt und was mich am meisten interessiert und herausfordert.
„Mich interessieren die Wechselwirkungen und die Schnittstelle, das, was das Digitale mit uns eigentlich analogen Wesen macht.“
Digital und/oder analog und woran arbeitest du aktuell?
Mich interessieren die Wechselwirkungen und die Schnittstelle, das, was das Digitale mit uns eigentlich analogen Wesen macht. Der Fotografie, die ursprünglich als Abbild von Realität galt, konnte man ja noch nie trauen. Aber was passiert mit den Bildern heute, wo wir mit unseren Smartphones ja alle Fotografen sind? Ganz neu beschäftige ich mich mit 360°-Fotografien, aufgenommen mit einer Kamera mit mehreren Linsen.
Was willst du mit deinen Arbeiten bewirken?
Mir geht es in meiner Arbeit um den Einfluss auf die Gesellschaft. Kunst per se muss für mich nicht politisch sein, aber der Mensch dahinter muss politisch sein, gerade in diesen Zeiten. Mit Kunst, die nur um sich selbst kreist, tue ich mir zunehmend schwer.
Über Claudia Larcher
Claudia Larcher, Jahrgang 1979, in Lustenau aufgewachsen, lebt in Wien. Studium Medienübergreifende Kunst (Prof. Bernhard Leitner) und Bildhauerei und Multimedia (Prof. Erwin Wurm) an der Universität für Angewandte Kunst in Wien. Als bildende Künstlerin arbeitet sie medientechnologisch im Bereich (ortsspezifische) Videoanimation, Collage, Fotografie und Installation mit einem besonderen filmischen Ansatz. Zahlreiche internationale Ausstellungen, Filmfestival-Teilnahmen, Lehrtätigkeit und Gastprofessur (u.a. TransArts Regieteam/Universität für angewandte Kunst Wien, mehrfach ausgezeichnet (u.a. Hubert-Sielecki-Preis 2021), zuletzt mit dem Österreichischen Kunstpreis