News „Jenseits des Krieges“ – Kino und Gespräch im DOCK 20 30. November 2023

Rechtskonservative Kräfte verhinderten in den 1990er Jahren, dass die in fast allen Bundesländern gezeigte Wanderausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 – 1944“ auch nach Vorarlberg kam. Der in der Ausstellung in Wien aufgenommene Dokumentarfilm „Jenseits des Krieges“ von der österreichischen Filmemacherin Ruth Beckermann versammelt Stimmen und Aussagen von Ausstellungsbesucher:innen, zumeist Zeitzeugen und Nachkommen der bis dahin als weitestgehend unschuldig angesehenen ehemaligen Wehrmachtssoldaten.

Reden und Schweigen, Erinnern und Vergessen

Bild 01_Ruth Beckermann lebt als mehrfach international ausgezeichnete Filmemacherin und Autorin in Wien. (Foto Rebecca Hirneise) Ruth Beckermann lebt als mehrfach international ausgezeichnete Filmemacherin und Autorin in Wien.

200 Personen wurden in fünf Wochen interviewt. Aus 46 Stunden Videomaterial ist in der kammerspielartigen Atmosphäre der Ausstellung mit Einstellungen von Gesichtern in Nah- und Großaufnahme ein 117 Minuten langer, beklemmend-distanzierter Film über das Reden, Erzählen und vor allem das Schweigen entstanden. Der Film von 1996 offenbart, wie sich eine ganze Generation fast kollektiv an ihren Opferstatus und ans Nichtwissen geklammert hat. „Immer die gleichen Geschichten: Nichts gesehen, nichts gehört. Krieg ist Krieg und Krieg ist schrecklich“, schreibt Beckermann in ihr Tagebuch. „Jenseits des Krieges“ kommt ohne Musik, Grafik oder Kommentartexte aus. Über die Gedanken der Regisseurin ist im Film wenig zu erfahren, doch sie notiert in ihrem Drehtagebuch: „Der kalte Blick, die Beobachtung und die Analyse sind die Chance des Dokumentarfilms.“

Ein Blick auf die Gegenwart

Im Rahmen der Ausstellung „Fallende Helden“ ist Ruth Beckermanns Film am 2. Dezember im DOCK 20 zu sehen, gefolgt von einem Gespräch mit der Regisseurin und dem Vorarlberger Historiker Meinrad Pichler. Anne Zühlke, Kuratorin des DOCK 20, verdeutlicht, dass in Österreich bereits seit den 1980er Jahren, spätestens ab der Waldheim-Affäre, eine neue Erinnerungsdebatte existiert, deren Fokus nicht auf Vergessen und Versöhnung, sondern Aufarbeitung liegt. „Indem wir den Film und somit die Debatte um die damals hart umkämpfte Erinnerungskultur in unserer aktuellen Ausstellung zeigen, wollen wir einerseits das Versäumnis nachholen, die Ausstellung in Vorarlberg zu zeigen. Andererseits schauen wir gemeinsam mit der Filmemacherin und dem Historiker Meinrad Pichler auf die Gegenwart. Was hat sich seit 1996 getan? Eine Rückschau und ein Ausblick zugleich.“

Infos

DOCK 20
„Jenseits des Krieges“, Kino und Gespräch
Samstag, 2. Dezember
17 Uhr Filmvorführung