News „Läobo schaffa“ - Revitalisierung am Neunerkanal 5. Dezember 2024
Das Pilotprojekt am „Neuner“ startete heuer im Oktober und die Arbeiten dauerten etwa zwei Wochen. Vor einigen Tagen verzauberte die Uferbepflanzung mit verschiedenen Bäumen und Sträuchern den Kanal endgültig in ein kleines Naturparadies, in dem außerdem ein naturnaher Lebensraum für zusätzliche Fischarten entstehen soll.
Das Versuchsprojekt wurde vom Fischereiverein Bregenzerwald initiiert und in Kooperation mit der Gemeinde Lustenau umgesetzt. Alban Lunardon war vor seiner Pensionierung Amtssachverständiger für Fischereibiologie beim Amt der Vorarlberger Landesregierung und gilt als Experte, wenn es um die ökologische Bauaufsicht bei Baumaßnahmen an Flüssen und Bächen geht. Dazu zählen Renaturierungen und Revitalisierung, Restrukturierung aber auch der Bau von Fischaufstiegshilfen. „All diese Dinge liegen mir sehr am Herzen, weil sie von elementarer Bedeutung für die Entwicklung unserer Fischbestände sind“, sagt er.
Unterschied Renaturierung zu Revitalisierung
Renaturierung trifft bei Hochwasserschutzprojekten dann zu, wenn das Gewässer mehr Platz erhält und eine natürliche Gewässerentwicklung ohne weitere Eingriffe durch den Menschen möglich ist. „Bei einer Revitalisierung wird am Verlauf des Gewässers nichts geändert, aber durch naturnahe Rück- und Einbauten die Lebendigkeit des Gewässers und der Umgebung gesteigert“, erklärt Alban Lunardon. Verwendet wurden außer Rundkies, das als Sohlsubstrat eingesetzt wurde, nur Materialien aus Holz. Flussbausteine wären am Neunerkanal unpassend, da sich alles möglichst nahe an der ursprünglich vorhandenen Umgebung orientieren sollte. Zuerst wurden die alten Anlandungen an der Böschung abgetragen, die Gewässersohle eingetieft und wieder mit Sohlsubstrat erneuert, anschließend Strukturierungsmaßnahmen gesetzt. Zum Schluss erfolgte die Uferbepflanzung, die primär für ausreichend Beschattung und Reduktion der Wassertemperaturen sorgt. Der Gehölzgürtel verbessert zudem den Windschutz und die Pufferwirkung zur angrenzenden Landwirtschaft, die herabfallenden Insekten sind zusätzliche Nahrung für die Fische.
Welche Fischarten sind im Neunerkanal erwünscht?
In höherer Population sollen zum Beispiel der Gründling, Rotfedern, die Schleie, die bereits vorhanden ist, ebenso Hecht, Wels, und Flussbarsch, die ebenfalls in diese Region gehören, vorhanden sein. „Was fehlt, ist die Bachschmerle, eine kleinere Fischart und auch das Rotauge, die Barbe sowie forellenartige Fische wie die Bachforelle, wären in höherer Anzahl wünschenswert. Wir haben Hinweise gefunden, dass es hier Seeforellen gibt und deshalb auch für diese Fischart ein geeignetes Sohlsubstrat eingebaut, damit die Fische einen geeigneten Laichplatz vorfinden“, berichtet der mittlerweile pensionierte Amtssachverständige für Fischereibiologie.
Bauliche Anforderungen für Artenvielfalt
Der „Neuner“ ist im Prinzip wie alle Bäche Lustenaus kanalartig und gehört zu den künstlich errichteten Hochwasserbauten, deren Errichtung im Zuge der Rheinregulierung erforderlich waren. Darin liegt allerdings auch die Ursache für die Verarmung verschiedenster Organismen wie beispielsweise den Fischen, die unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten der Gewässer benötigen. Im Zuge des Revitalisierungsprojektes wurden deshalb bestimmte Stellen verengt, andere wiederum aufgeweitet. Mit dem Einbau der neuen Kiessohle, die unregelmäßig verläuft, entstehen weitere kleine Verwirbelungen und unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten im Minimalbereich, die an der Oberfläche nicht sichtbar sind. Wurzelstöcke oder Holzpfähle bieten im Gewässer zudem geeignete Strukturelemente für Hohlräume, die den Fischen sichere Ein- und Unterstände gewähren.
Gestaltung eines Lebensraums
Bei der Revitalisierung geht es nicht nur um die Erhöhung der Artenvielfalt, sondern um die Gestaltung des gesamten Lebensraums, der Gewässer, der Tierwelt und der Bepflanzung. „Dahingehend könnte man tatsächlich sagen, dass wir mit solchen Projekten vielfältige Lebensräume schaffen. Man spricht auch manchmal vom Biotopverbund, wenn zwischen den Biotopen etwas fehlt und wir mit Strukturen, zum Beispiel Uferbepflanzungen, Verbindungen zwischen den Biotopen schaffen, in denen neben den Fischen auch Säugetiere, Vögel und Insekten vorkommen können“, so Alban Lunardon abschließend.
Jetzt gilt es die nächsten drei bis vier Jahre den revitalisierten Abschnitt zu untersuchen und festzustellen, wie sich der geschaffene Lebensraum am Neunerkanal entwickelt.