News Maria Bösch-Fußenegger 1923 – 2005 21. Juni 2023
Am 10. Juli jährt sich heuer zum hundertsten Mal der Geburtstag von Maria Bösch-Fußenegger. Als Musikpädagogin und Musikerin hat sie das Lustenauer Kulturgeschehen über Jahrzehnte hin mitgeprägt. Neben dem hier erscheinenden Artikel, der vor allem auf ihre Anfangszeit in Lustenau eingeht, dokumentiert auch eine neu erscheinende CD ihr mannigfaltiges Schaffen.
Ein Leben für die Musik
Mit 17 Jahren ging die aus Dornbirn stammende Maria Fußenegger nach Regensburg, um dort die Schule für Kirchenmusik zu besuchen. Nach der dortigen Ablegung der Reifeprüfung im Jahr 1943 arbeitete sie im bayrischen Abensberg als Musikpädagogin, Chorleiterin und Organistin. Ein auf den 3. Februar 1945 datierter Briefentwurf im Nachlass ihrer Familie gibt uns Einblick in die emanzipierte Persönlichkeit der damals 22 Jahre alten Frau. Wohl auf Anregung ihrer Regensburger Schulkameradin Pauli Vetter (später verheiratete Hofer) dürfte Maria Fußenegger damals bei einer Kirchenchorprobe in Lustenau als Dirigentin ausgeholfen haben. Dies scheint allerdings dem damals verantwortlichen Geistlichen nicht gefallen zu haben, weshalb sie eine schriftliche Erwiderung aufsetzte:
„Geehrter, hochwürdiger Herr Pfarrer! […] Über ihre grundsätzliche Stellungnahme zu der Frage, ob eine Frau als Chordirigentin zulässig sei oder nicht, möchte ich nur auf die Einstellung des hochwürdigsten Herrn Bischof Dr. Paul Rusch verweisen. Seine Excellenz war es, die uns Mädchen zum Studium an die Kirchenmusikschule in Regensburg gesandt hat. […] Seine Excellenz wollte, dass wir den Geist der Schule mitbringen und dem Lande übermitteln. Dies geschieht nur durch Führung, sei dies nun als Leiterin eines Chores oder eines Organistenkurses oder als Dekanatskantor. Wenn wir es um der Sache willen und zur Ehre Gottes tun, so musss die Person immer in den Hintergrund treten, sei es jetzt Mann oder Frau. Auf ihre Zweifel, ob dann überhaupt noch Männer kämen, habe ich nur die Antwort aus meiner Praxis. Ich führte bisher in einer kleinen bayrischen Stadt den Kirchenchor und hatte außerdem einen Kinderchor, einen Frauenchor und am Schluss noch einen Männerchor, die abwechselnd halfen, den Gottesdienst zu verschönern. […] Sie dürfen es mir nicht übelnehmen, wenn mir hier die grundsätzliche Stellungnahme des hochwürdigsten Bischofs massgebender ist, wie die Ihrige. Arbeit ist übergenug für mich im ganzen Land, ich bin nicht auf Lustenau angewiesen. Seien Sie mir nicht böse über die offene Sprache. Ihre Erörterungen gestern Abend waren auch sehr offenherzig. Mit den besten Grüßen für Ihren Chor grüßt Sie …“
Ob sie den Brief tatsächlich in dieser Form abgeschickt hat, konnte bislang noch nicht herausgefunden werden. Trotz dieses anfänglich etwas angespannten Gesprächsklimas übernahm Maria Fußenegger 1946 die Leitung des Kirchenchores in der noch jungen Pfarrgemeinde im Rheindorf. Vermutlich war es auch der dortige Chor, den sie im bereits zitierten Brief enthusiastisch beschreibt: „Und jetzt, da ich zum erstenmal den Chor vor mir hatte, muss ich sagen, ich hätte es sogar mit Freuden gemacht. Er lässt sich führen und geht mit, dass man, wenn stimmliche Schulung noch dazu kommt, das Letzte aus ihm herausholen kann. Ich wünsche ihm von Herzen, dass ein guter, sehr guter Dirigent kommt. Denn ein Chor, der sich so gut führen lässt, lässt sich ebenso gut verführen.“ Im selben Jahr, in dem sie ihre Stelle in Lustenau antrat, übernahm Maria Fußenegger auch die weibliche Hauptrolle in der Operette „Die Winzerprinzessin vom Rhein“. Ihre Freundin Pauli Vetter hatte dabei die musikalische Leitung, während die Regie von der jungen Wienerin Grete Varhanik übernommen wurde. In den Vorarlberger Nachrichten finden sich dazu zwei sehr wohlwollende Berichte über die damaligen Aufführungen im Kronensaal: „,Lustenauer Jugend spielt‘ hieß es in der Ankündigung. Man ist gespannt was eine Spielgruppe von 50 Leuten zwischen 18 und 23 Jahren zu bieten hat. […] Die beiden Hauptpersonen, Rosmarie, die Winzerprinzessin (Frl. Fußenegger) und Hans Scholz, der verliebte Studio (gespielt vom Gymnasialschüler Otto Wund) sind trefflich wiedergegeben. Frl. Fußenegger verfügt über eine angenehme Stimme, die trotz akademischer Schulung sich ungekünstelt wiedergibt. Als Schauspielerin vielleicht ein wenig zu ernst, als Sängerin erstklassig.“
1951 gründete die damals auch in Dornbirn als Klavierlehrerin tätige Musikerin die „Lustenauer Dorfschwalben“. Im selben Jahr heiratete Maria Fußenegger dann den Lustenauer Fabrikantensohn Rudolf Bösch, der schon etliche Jahre zuvor im Alter von 15 Jahren dem Rheindorfer Kirchenchor beigetreten war und leidenschaftlich gerne dort sang. Obwohl offiziell damals gar nicht möglich, führte sie nun den Doppelnamen Bösch-Fußenegger, der sich auch schnell einbürgerte und so etwa auch in den Gemeindeprotokollen zu finden ist. Im Lauf der Jahre brachte Maria Bösch-Fußenegger sechs Kinder zur Welt und arbeitete auch weiterhin als Musikpädagogin. In den 1950er Jahren baute sie den Lustenauer Cäcilienkinderchor ebenso auf und leitete diesen, wie später den Kinderchor des ORF-Studios Vorarlberg und die „Lustenauer Dorfschwalben“. Daneben lehrte sie an der Musikschule Lustenau, sowie in Götzis und Bregenz in den dortigen Musikhauptschulen. Sie komponierte Musikstücke, vertonte Mundartgedichte, leitete Musikaufführungen und erarbeitete viele Studioaufnahmen. Neben anderen Auszeichnungen auf Landesebene wurde Maria Bösch-Fußenegger als eine von bislang erst drei Frauen im Jahr 1992 der Ehrenring der Marktgemeinde Lustenau verliehen. Sie verstarb im Jahr 2005 und hat ihre letzte Ruhe auf dem Friedhof der Erlöserkirche gefunden.