News Mit den Figuren arbeiten 23. Mai 2023
Als bekannte und geschätzte Kolumnistin ist Doris Knecht eine Meisterin sprachlicher Selbstdisziplinierung und präziser Pointen. In hemmungsloser Subjektivität enttarnt sie die kleinen Skurrilitäten ums Menschsein. 2011 hat die gebürtige Vorarlbergerin mit „Gruber geht“ ihren ersten Roman veröffentlicht. Es handelt vom scheinbar unbezwingbaren Karrieristen und Zyniker John Gruber, bei dem Krebs diagnostiziert wird, und seiner Reise in die Läuterung. Nach der Verfilmung kommt der erfolgreiche Stoff in einer minimalistischen Inszenierung mit dem Theater KuKuKK nun auch in Lustenau auf die Bühne. Im Interview erzählt Doris Knecht, warum sie keine sympathischen Figuren mag, wer Gruber ist und wieso sie das Stück noch nie auf der Bühne gesehen hat.
Doris Knecht, mit „Gruber geht“ war Ihr Debütroman gleich ein großer Erfolg. Hatten Sie die Idee, einen Roman zu schreiben, schon länger im Kopf?
Ich war ja bis dahin eine glückliche Journalistin und Kolumnistin und hatte zu dem Zeitpunkt auch schon ein paar Kolumnenbücher veröffentlicht, aber irgendwann hat es mich gereizt, mich an einem längeren Text zu versuchen. Wenn es nicht klappt, mache ich mit dem Journalismus weiter, habe ich gedacht. Es war also eine Art Versuchsballon und dann ist dieser Ballon gleich recht hoch gestiegen.
Wie sind Sie auf den Protagonisten im Roman, John Gruber, gekommen?
Den Gruber kenne ich schon ziemlich lange. Als Sedlacek kommt er in meinen Kolumnen vor und ist dort die Anti-These in Sachen Familie. Der alte Freund ohne Kinder, der das Familiensystem nicht versteht und wieso man sich verändert, wenn man Kinder bekommt. Da habe ich mir gedacht, dann schreibe ich ein Buch über den, bewege mich aus meinem üblichen System heraus und versetze mich einmal in einen Mann.
Der Gruber ist ja am Anfang der Geschichte kein wirklicher Sympathieträger…
Am Ende auch nicht! (lacht) Aber sympathische Figuren interessieren mich gar nicht so, das langweilt mich eher. Ich will mit den Figuren arbeiten können. Eine Figur, die zunächst nicht so liebenswert ist, für die man sich aber trotzdem interessiert und bei der man sich fragt, warum macht er das und wie geht das weiter mit ihm, finde ich viel spannender.
„Sympathische Figuren interessieren mich gar nicht so, das langweilt mich eher. Ich will mit den Figuren arbeiten können.“
Wo holen Sie sich die Inspiration?
Mich inspiriert alles Mögliche. Sachen, die ich gehört habe, Dinge, über die man spricht oder Themen, die ich im Internet nachlese und dann zu recherchieren beginne. Dann merke ich, aha, das interessiert mich und vielleicht könnte man eine Geschichte daraus machen. Ich überlege, was für Figuren vorkommen würden und ob ich die Geschichte anhand der Figuren erzählen kann.
Wie ist es, wenn man den Roman verfilmt oder auf der Bühne sieht?
Wenn Leute aus meinen Büchern einen Film oder ein Theaterstück machen, dann lasse ich komplett los, gebe alles in deren Hände und sage „Ihr macht das, weil ihr das könnt“. Da muss ich mich gar nicht einmischen, weil das eine andere Kunstform ist, die ich nicht beherrsche. Das hat sich bisher auch immer als gut so erwiesen und ich freu mich, wenn auf der Basis der von mir geschaffenen Figuren etwas Neues entstehen kann. Ich muss auch gestehen, dass ich „Gruber geht“ auf der Bühne noch gar nicht gesehen habe. Aber ich habe gesehen, dass die Kritiken sehr gut waren…
Gibt es schon ein neues Buchprojekt?
Im Spätsommer oder Herbst erscheint ein neues Buch. Es heißt „Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe“. Allzu viel mag ich noch nicht erzählen, aber es handelt vom Erinnern und Vergessen und vom Loslassen. Nach dem letzten, ernsten Buch wird es diesmal wieder lustiger und heiterer.