News Mobil auch ohne Auto 6. Februar 2019
Helmut Hagens Mobilitätsverhalten ist modern, nachhaltig und regt zum Nachdenken an. Was er sich in jungen Jahren nicht vorstellen hätte können, ist für den Obmann der Lustenauer Seniorenbörse heute Alltag: Ein sehr mobiles Leben mit Bus, Bahn, Carsharing und vor allem dem eigenen Fahrrad.
In Lustenau wird die Zweiradkultur so gelebt wie in kaum einer anderen Vorarlberger Gemeinde. Ein aktives Mitglied der radelnden Gemeinschaft ist Helmut Hagen. Der 72-jährige Pensionist schaut auf ein familiär und beruflich erfolgreiches Leben zurück und hat vor vier Jahren beschlossen, sein Leben als Pensionist ganz bewusst zu gestalten. Das Auto wurde verkauft, gefahren wird fast ausschließlich mit Rad, Bus und Bahn. Der siebenfache stolze Großvater hat nicht zuletzt wegen seiner Enkelkinder sein Mobilitätsverhalten zur Gänze umgekrempelt. „Wir haben eine Verantwortung gegenüber denen, die nach uns kommen“, sagt der ehemalige Chef eines Lustenauer Traditionsbetriebes, „wir können unsere Welt nicht schlechter übergeben, als wir sie selber übernommen haben, unsere Natur muss lebenswert bleiben.“
Erfolgreiche Testphase
Angefangen hat das Leben ohne Auto mit einem Maximo Ticket des Vorarlberger Verkehrsverbunds. Hagen wollte einfach einmal ausprobieren, wie weit man kommt, ohne sein eigenes Auto zu benutzen und ist sich heute sicher, „je früher, desto besser“. Geht es nach Hagen, sollte man schon vor 70 damit anfangen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. „Klingt komisch“, meint er lachend, „aber man sieht erst, wie einfach es wirklich ist, wenn man es auch tut.“ Und tun solle man es solange man noch so flexibel ist, seinen Alltag umgestalten zu können und es noch schafft, sich von alten Gewohnheiten zu verabschieden. Lebensveränderndes Umdenken passiert aber nicht von heute auf morgen, auch daheim war Überzeugungsarbeit angesagt. Das Auto stand noch länger mehr oder weniger ungenutzt in der Garage, bis es vor einem halben Jahr schließlich verkauft wurde. Ein Schritt, den Helmut Hagen und seine Frau Helga bis heute nicht bereut haben. „Alle jammern über die Spritpreise, den Verkehr, die Staus, die schlechte Luft, den Klimawandel, aber niemand tut etwas“, meint Hagen, dabei wäre es doch so einfach, „das Umdenken beginnt daheim.“
„Ich bin sehr engagiert und sozial eingestellt, deswegen muss ich genauso wie auf andere Menschen auch auf meine Umwelt Rücksicht nehmen, so einfach ist das.“
Geteilte Mobilität
In den vergangenen Jahren setzte Hagen auch auf Carsharing, allerdings nur dann, wenn es unbedingt notwendig war. „Zum Beispiel, wenn meine Frau frisch vom Friseur kommt und keinen Helm anziehen möchte“, schildert der sympathische Pensionist lachend. Natürlich können auch die Wetterverhältnisse oder die Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz am Zielort sehr schlecht sein. Dann geht es nicht ohne, wobei das „dann“ in den letzten vier Jahren sparsame fünfmal vorgekommen ist und zeigt, dass man auch sehr gut ohne Auto viel und fast überall hin unterwegs sein kann. Wenn ein Auto notwendig ist in der Familie Hagen, dann wenigstens eines, das man mit anderen teile und man so ein bisschen nachhaltiger mit Ressourcen wirtschafte. Zusammen mit Bus und Bahn ist das Carsharing-Modell für weitere Strecken die optimale Lösung in der Familie Hagen. „So kommt man überall hin, auch in die Ferien.“
Happy auf zwei Rädern
Gelebte Nachhaltigkeit
Der bewusste Umgang mit seiner Umwelt hat laut Hagen absolut nichts mit einer politischen Einstellung zu tun. Er sei ein Leben lang konservativ eingestellt gewesen, habe schwarz gewählt und grün gelebt. „Das kann man auch genau so schreiben“, meint Hagen, „um umweltbewusst zu leben, muss man keine Partei wählen.“ Selbstkritisch reflektiert Hagen auch Einwände gegen seine Lebenseinstellung. Mitten im Berufsleben sei es natürlich viel schwieriger, mobil nachhaltig zu leben und aufs Auto zu verzichten, aber für Pensionisten „gibt es fast keine Ausrede“, argumentiert Hagen lachend. „Mit dem, was ich mir tagtäglich erspare, könnte ich mir ein Taxi nehmen ohne Ende.“ Bei vielen Strecken sei man zudem mit Bus und Bahn viel schneller daheim als mit einem eigenen Auto und noch dazu viel stressfreier. Man Spare also auf ganzer Linie – nicht nur Geld, sondern auch Nerven. Ein anderes Mobilitätsverhalten würde einfach nicht zu ihm passen, bringt Helmut Hagen sein Mobilitätsverhalten auf den Punkt. „Ich bin sehr engagiert und sozial eingestellt, deswegen muss ich genauso wie auf andere Menschen auch auf meine Umwelt Rücksicht nehmen, so einfach ist das.“