News Sprachencafé: „Hallo, wie geht’s?“ 24. Mai 2016
Im W*ORT treffen sich jeden Donnerstagabend Menschen aus vielen Nationen um sich auszutauschen, um Kontakte zu knüpfen und um etwas für den Alltag mit nach Hause zu nehmen: Nichts integriert mehr als eine gemeinsame Sprache. Zu Gast im Kaffeehaus der Sprachen.
Es regnet, langsam trudeln Suhaib, Eibo und viele andere im W*ORT in der Raiffeisenstraße ein. Sie werden herzlich empfangen von Monika Bodlak-Kräutler und ihrem Team, das sich im Rahmen des Netzwerkes für Flüchtlinge schon länger um Neuankömmlinge in Lustenau kümmert. Man plaudert eine halbe Stunde ungezwungen mit Menschen aus den Krisengebieten dieser Welt und ist insgeheim froh, dass man ein sicheres Dach über dem Kopf, einen guten Job und Familienmitglieder hat, die in Sicherheit leben.
Im anschließenden Sitzkreis wird klar, die Gruppe ist ein eingeschworenes Team von Freiwilligen rund um Monika und ihrem Lebenspartner Günter Hämmerle. Seit Oktober letzten Jahres liegt dem Lehrerpaar das Wohl der ersten, aber auch das der neuen Flüchtlinge am Herzen. „Irgendwie hab ich das Helfen von Zuhause mit in die Wiege gelegt bekommen“, verdeutlicht Monika, wieso sie sich engagiert. Viele der jungen Männer und Frauen sind mehr als nur hilfesuchende Fremde für sie geworden, man hat Freundschaften geknüpft, trifft sich gerne, wird bekocht und wertgeschätzt.
Sprache ist Heimat
Im Arabischen gibt es ein Sprichwort, das sehr gut zu den freiwilligen Helfern im Sprachencafé passt: Die Zunge ist die Übersetzerin des Herzens. Und zu dolmetschen gibt es genügend für die Asylsuchenden aus Syrien, dem Irak, Afghanistan und vielen anderen Ländern.
Das Sprachencafé ist ein Brückenschlag zwischen alter und neuer Heimat, denn hier trifft man andere Vertriebene aber auch Einheimische. Die Teilnehmerzahl schwankt, „aber mehr als zehn sind wir immer“, erklärt die Volkschullehrerin, die tatkräftige Unterstützung von einem multikulturellen Team bekommt. Man könnte sogar Italienisch anbieten, bei den Fremdsprachen zählt aber vor allem der praktische Nutzen für die Integration, was das Lustenauer Café von anderen Sprachencafés unterscheidet. Hier wird nur Deutsch gelernt und gesprochen.
Seli, Lustenauerin mit türkischen Wurzeln, hilft schon lange im Sprachencafé und ist unersetzlich für die Arbeit mit kurdischen Flüchtlingen. Drei der heutigen Neuankömmlinge freut es, jemanden gefunden zu haben, der sie versteht. Die drei Frauen sitzen noch etwas schüchtern am Rande des Geschehens. Still erzählt eines der Mädchen davon, dass ihre Familie aus ihrer Heimat an der syrisch türkischen Grenze vor Kämpfen fliehen musste und dass die Flucht übers Mittelmeer nach Griechenland kalt, gefährlich und Angst einflößend war. Seli übersetzt ins Deutsche und Monika, die solche Berichte nur all zu gut kennt, ermutigt das Mädchen sich vorzustellen.
Mein Name ist Monika
Ich heiße, ich bin und ich wohne. So beginnen alle Geschichten der Neuankömmlinge und alle Erzählungen machen vor allem eines: zufrieden. „Ich habe vieles zum Thema Glücksforschung gelesen und die Wissenschaft ist sich da ziemlich einig, anderen helfen, steht ganz oben auf der Liste der Dinge, die wirklich befriedigen.“
Monika ist überzeugt davon, dass man im Sprachencafé einen niederschwelligen und vor allem kostenlosen Einstieg in die deutsche Sprache, aber auch eine helfende Hand bieten kann. Hier geht es nicht darum, in grammatikalischen Fragen zu brillieren, sondern darum sich im Alltag zurechtzufinden.
Heute steht Verschiedenes auf dem Programm, da nicht jeder der Besucher gleich gut Deutsch kann. Bei den Fortgeschrittenen steht der Lebenslauf auf dem Lehrplan - unerlässlich, wenn man sich bei einem Arbeitgeber bewirbt. Günter zeigt, auf was es formal ankommt, wie man sich präsentieren sollte und wie wichtig der erste Eindruck ist. Seli hilft den Neuankömmlingen über die sprachlichen Barrieren bei der Adresse, denn die „Schützengartenstraße“ hat es in sich für Menschen, die Probleme mit Umlauten haben.
Mit viel Humor und Verständnis üben auch Bettina, Daniela und Gebhard mit ihren Schützlingen an den restlichen Tischen. Nicht zu helfen, kann sich keiner der Freiwilligen vorstellen, man bekomme viel mehr als man gebe. Bei Monika soll heute gelernt werden, wie man höflich sein Gefallen und Missfallen zum Ausdruck bringt und dass ein „sehr gerne“ Vieles erleichtert.
Der erste Schritt
„Sie sind alle auf dem richtigen Weg“, ist Monika überzeugt, „denn den Anfang haben sie schon einmal gemacht, wenn sie bei uns durch die Türe kommen.“ Wie schwer so ein Anfang ist, weiß die Volksschullehrerin nur all zu gut, sie versucht schon seit Monaten mit „mäßigem Erfolg“, arabisch zu lernen, was ihre neuen Freunde zu amüsieren scheint.
„Deutsch ist viel schwerer“, meint ein junger Mann lachend. Sie alle haben die erste Hürde schon genommen, können das lateinische Alphabet und sind im Smalltalk schon so weit, dass sie auch untereinander Deutsch sprechen, denn nicht alle Flüchtlinge haben Arabisch als Muttersprache.
Überhaupt geht es locker zu in der Runde, hier wird viel gelacht und freundschaftlich geholfen, gerne auch einmal abseits des Deutschunterrichtes. Man organisiert Hilfe beim Einziehen, bei Behördengängen oder vermittelt Kontakte. Das Miteinander funktioniert im Sprachencafé schon sehr gut, mit viel Engagement schafft man es, den gemeinsamen Nenner der sprachlichen Vielfalt zu finden: „Ich komme aus Syrien, aber ich lebe in Lustenau“, umschreibt einer der Flüchtlinge ein Stückchen neuer Heimat.