News Weihnachts- und Neujahrswünsche des Bürgermeisters 23. Dezember 2020

Zum neuen Jahr 1921! Wenn schon manches Ereignis im menschlichen Leben ernstere Gedanken erweckt, so ist es ganz besonders der Jahreswechsel, an dem die Empfindungen des Geistes und Gemütes an uns herantreten. - Am Schlusse des Jahres steht man so zwischen trüben und frohen Erinnerungen. Leider brachte das vergangene Jahr mehr trübe als freudige Stunden. Mancher Wunsch und manche Hoffnung sind unerfüllt geblieben und die Worte, die wenige Tage vor dem Schluss eines jeden Jahres an unser Ohr dringen »Friede den Menschen auf Erden, die eines guten Willens sind«, kommen nie recht zum Ausdrucke. […]</p> <p style=">Ernst und unsicher ist unsere gegenwärtige Lage; trotzdem soll nicht Mutlosigkeit oder gar Verzweiflung uns die Hoffnung auf bessere Tage rauben. Es muss wieder einmal anders werden. Nach Regen kommt Sonnenschein.

Aber unsere billige Pflicht ist es, in diesen schweren Zeiten das große christliche Gesetz der Menschenliebe nicht zu vergessen. Die Ausschaltung aller Unbarmherzigkeit und Rücksichtslosigkeit gegen andere, die opferfreudige Hilfsbereitschaft gegen fremdes Leid und fremde Not soll mehr denn je die Richtschnur unseres Handelns sein und den Beweis erbringen, daß wir noch Sinn und Verständnis haben für tatenfrohe Nächstenliebe.

Soweit es in meinen schwachen Kräften steht, werde ich alles tun, die Linderung der heutigen Notlage zu fördern; ersuche aber auch die ganze Bevölkerung, die guten Absichten zu stützen, zum Wohle des ganzen Volkes.

Liebe Lustenauerinnen und Lustenauer,

mit diesen sorgenvollen, aber auch ermutigenden Worten hat Bürgermeister Joseph Hollenstein im Lustenauer Gemeindeblatt vor hundert Jahren die Zwanziger Jahre eingeläutet. Warum dieser Blick zurück in unsere Geschichte, in die Zeit der großen Not nach dem Ersten Weltkrieg und auch der Spanischen Grippe?

„Der Spruch der Vergangenheit“, so Friedrich Nietzsche, „ist immer ein Orakelspruch: Nur als Baumeister der Zukunft, als Wissende der Gegenwart werdet ihr ihn verstehn.“ Es ist für uns nicht leicht einzuordnen, was gegenwärtig passiert – die ganze Welt, das globale Dorf, seit Monaten im Bann einer Pandemie, ein epochales Ereignis, das unser Leben in vielfältiger Weise bestimmt und überschattet, auch bei uns in Lustenau.

In den letzten Wochen war immer wieder zu hören, es gelte „Weihnachten zu retten“. Dabei ging es wohl, um mit dem Schweizer Theologen Kurt Marti zu sprechen, eher um die „Ware Weihnacht“ als um den wahren Sinn des Weihnachtsfestes, das vor allem auch ein Fest der Hoffnung ist – Hoffnung auf Rettung. „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“ – diese berühmten Verse aus der Patmos-Hymne von Friedrich Hölderlin möchte ich euch mit auf den Weg geben, am Ende dieses Coronajahres 2020 und am Beginn der Zwanziger Jahre des 21. Jahrhunderts. In der Hoffnung, dass wir alle gut durch diesen Winter kommen und im nächsten Jahr unbeschwerter und befreit von der Gefahr des COVID-Virus wieder gemeinsam Feste feiern können.

Der Weg aus der Coronakrise wird kein leichter sein. Wir spüren eine wachsende Coronamüdigkeit, nicht nur bei den Menschen, die ganz besonders von den Auswirkungen der Pandemie betroffen sind – und das sind erschreckend viele. Die ständig sich ändernden rechtlichen Rahmenbedingungen und schwer verständlichen Verordnungen, auch das Fehlen einer klar kommunizierten Strategie haben das Vertrauen der Menschen in das Katastrophenmanagement deutlich reduziert und damit eng verbunden und besonders fatal - deren Bereitschaft, zu kooperieren, sich aktiv einzubringen und eigenverantwortlich zu handeln.

Deshalb meine Bitte an Euch: Motiviert und bestärkt eure Freunde, Bekannten, Verwandten, Kolleginnen und Kollegen, jetzt nicht aufzugeben, sondern sich gut zu schützen und die Möglichkeiten, sich testen zu lassen, auch zu nutzen. All das ist nur ein bescheidener Beitrag, aber unser Erfolg im Kampf gegen diese heimtückische Pandemie ist die Summe aller einzelnen Beiträge und viel mehr als die Summe aller verordneten Maßnahmen.

„Lockdowns“, weich und hart, Lockerungen leicht und stark, wir werden diese Abfolge von „Hammer & Dance” wohl noch längere Zeit miterleben (müssen), die Müdigkeit vieler, und vor allem die persönliche, existenzielle Betroffenheit wird zunehmen. Aber vielleicht können gerade in den kommenden Tagen, der Zeit „zwischen den Jahren“, Hoffnung, Mut und Zuversicht wachsen, das was wir in Lustenau mit dem Zoubrsprüchli „Hô bei Gott, ma richt’s“ ausdrücken.

Ich wünsche Euch frohe, besinnliche und erholsame Festtage und einen guten Rutsch in ein hoffentlich gutes neues Jahr 2021!

Euer Bürgermeister

Kurt Fischer